EHEMALIGE KAISERRESIDENZ ALTER HOF IN MÜNCHEN 
Trockenlegung und Beheizung der Keller im Zwinger- und Burgstock: 
Kostenersparnis in Millionenhöhe durch Konzeptänderung 
Langfassung des in der SANITÄR+HEIZUNGSTECHNIK 11/2005 erschienenen Beitrags 
Thilo Angermann, Staatl. Hochbauamt München I, 07.10.2005 


1. Vorgeschichte 
Während der Sanierung des Alten Hofs im Jahre 2000 war auch die Trockenlegung des zweischaligen, bis 2 m starken historischen Kellermauerwerks zu bewältigen. Konventionelle Maßnahmen hätten dabei hohe Kosten verursacht. Es wurde daher erwogen, sowohl die horizontale und vertikale Trockenlegung, als auch die Beheizung der Keller durch Einsatz einer alternativen Methode anzustreben, und zwar ausschließlich mit an allen Wandsockeln unter Putz verlegten Heizrohrschleifen, ohne weitere Maßnahmen zur Trockenlegung, ohne Wärmedämmung der erdberührten Böden und ohne Heizkörper- und Fußbodenheizung. Einer der vier künftigen Gebäudenutzer, die Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen in Bayern beim Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege, besaß seit 1982 einschlägige Erfahrung mit dieser von ihr entwickelten Methode, der sog. Temperierung. 

Den Architekten und Fachingenieuren der Bauverwaltung, dem planenden Ingenieurbüro und den ausführenden Firmen war dieser neue Stand der Technik nur schwer zu vermitteln. Bemerkenswert erscheint, daß sich die meisten Fachleute auf alte gelernte Strukturen fixierten und nur wenige es für nötig hielten, zu recherchieren und Anlagen zu besichtigen. Der Grund liegt nicht zuletzt darin, daß es schwer fällt, eine stichhaltige Vorstellung von den physikalischen Effekten der Methode zu gewinnen: daß der Wärmestau im Wandsockel eine thermische Horizontalsperre bewirkt, obwohl aus den Oberflächentemperaturen zu schließen ist, daß nur im Nahbereich der Rohre deutlich höhere Temperaturen eintreten; daß also vor zwei heißen Sockelheizrohren auf ganzer Wandlänge nur ein ca. 10 cm hoher Putzstreifen mit höherer Oberflächentemperatur entstehen kann; daß diese bis zu 40 °C warme Oberfläche einen Warmluftauftrieb erzeugt, der - obwohl er nur schwach sein kann - wirkungsvoll an den Wänden nach oben streicht und dadurch warme, feuchtegeschützte Oberflächen herstellt; daß die Wärmeabstrahlung der Außenwände (stark am Sockel, schwach an der restlichen Wandoberfläche), die die Raumluft nicht aufheizen kann, und der Strahlungsaustausch der Raumhüllflächen, zur vollwertigen Raumbeheizung ausreicht; daß ein erdberührter Boden, dessen Ränder kontinuierlich beheizt sind, ohne Wärmedämmung und schwimmenden Estrich Raumtemperatur annimmt. 


1.1 Kellerklima im Altbestand 
Ein Hinweis zur Beantwortung dieser Fragen wäre im Raumklima zu finden gewesen, das bis zur Sanierung in den Kellern des Zwinger- und Burgstocks herrschte. Beim Wiederaufbau des Gebäudekomplexes als Finanzamt in der Zeit von 1946 bis 1960 erhielten die Keller eine Heizkörperheizung. Nach Aussagen der Hausmeister trat an den Wänden jedoch bald starker Schimmelbewuchs auf und die Heizkörper wurden abgestellt. Dennoch blieb der Kellerbereich des Zwingerstockes warm und wurde schimmelfrei, während die Gewölbe des Burgstocks kalt und so feucht wurden, daß sie wegen der Schimmelbildung nicht einmal als Stuhllager zu nutzen waren. Dies erklärt sich dadurch, daß im Zwingerkeller die im Sockelmauerwerk verlaufenden Vor- und Rücklaufleitungen ganzjährig Wärme abgaben und dabei offensichtlich die Funktion einer Temperierung ("Oberflächen - Aktivierungsheizung") erfüllten, während in den feuchten Burgstockkellern die ohne Materialkontakt in einem Bodenkanal verlegten Leitungen keine Wärme an den Raum abgaben. 


2. Raumbeheizung mit gleichzeitiger Mauerwerks- und Säulentrocknung 
Das Verfahren der Temperierung, also der kontinuierlichen Wärmeverteilung an allen Sockeln von Außenwänden und Trennwänden über Erdreich mit Hilfe einer Rohrschleife aus weichgelöteten Kupferrohren, überzeugt nicht nur durch seine Dreifachfunktion (Raumbeheizung mit thermischer Horizontal- und Vertikalsperrwirkung und Klimastabilisierung bei mittlerer relativer Luftfeuchte). Weitere Argumente für den Einbau einer Temperieranlage sind die niedrigen Investitions- und Betriebskosten, die sichere Funktion bei geringem Regelungsaufwand, die zu erwartende lange Lebensdauer, ebenso wie der Umstand, daß dadurch alternative Heizenergie, hier Energie aus der Dampfkondensat-Rückkühlungsanlage des Fernwärmeanschlusses, nutzbar ist. 

Nachdem in einem bauphysikalischen Gutachten die wesentlichen Effekte der Temperierung Bestätigung fanden, gelang es ein Projekt zu definieren. Diesem wurde allerdings der konventionell berechnete Wärmebedarf zu Grunde gelegt, der die bedarfssenkende Wirkung (Wandtrocknung, geringe Raumlufttemperatur) nicht berücksichtigt. 


2.1 Außenmauerwerk 
Nach konventioneller Berechnung des Wärmebedarfs ergab sich eine "erforderliche" Rohrlänge, die mehr als dem Doppelten der Länge der Sockelschleifen entsprach. Die der Temperier-Methode zu Grunde liegenden Regeln (veröffentlicht vom BLfD) waren jedoch nur für Montage und Betrieb sowie in Bezug auf bauphysikalische Probleme verbindlich vereinbart. Für die heiztechnische Auslegung galt daher die Gewährleistung auf DIN-gemäßer Basis. So kamen zwar keine flankierenden Maßnahmen zur Ausführung wie Bodendämmung mit schwimmendem Estrich, Sanierputz, Vertikal- und Horizontalisolierung. Die zusätzlichen Heizrohrlängen wurden jedoch montiert, und zwar unabhängig von den Sockelschleifen in separaten Kreisen, ferner einige Heizkörper mit eigenen Zuleitungen. 

Damit waren an allen Wandsockeln bis zu sechs blanke Heizrohre (Æ 18 mm) übereinander zu verlegen. Nach der Erfahrung der Landesstelle schwächen bereits Putzstärken ab 20 mm die Bildung des Auftriebs zu stark. Um trotz der sehr unregelmäßigen Rohwandoberfläche eine möglichst geringe Schlitztiefe zu erreichen, wurden die Wände zunächst geputzt und dann entsprechende Schlitze mit der Mauerwerksfräse hergestellt. 

So konnte zwar die maximale Putzüberdeckung auf 1,5 cm beschränkt werden, so daß der "Wärmedämmeffekt" des trockenen Putzes nur gering war. Dabei geriet aber die Empfehlung der Landestelle in Vergessenheit, bei erdberührtem Mauerwerk mit hohem Bodensalzgehalt die Rohwandoberfläche zunächst einige Wochen mit den noch nicht eingeputzten Rohren vorzuheizen, um eine trockene oberflächennahe Schicht zu erhalten. Andernfalls können nach dem Putzauftrag Salze in den Neuputz einwandern. Dies kann bei außergewöhnlichem Feuchtegehalt des Erdreichs und gleichzeitig niedriger Leistung der Temperierung zu Putzschäden führen. 

So kam es ein Jahr nach Fertigstellung der Räume an den Außenwänden längs der Burgstraße, als dort beim Setzen einer Bohrpfahlwand die Kanalisation zerstört wurde und sich das Regenwasser von zwei Dachflächen monatelang bei bereits abgesenktem Betrieb der Heizrohre im Erdreich verteilte. 

Weitere Angaben zur Montage: Vor dem Einputzen wurden zur Vermeidung späterer Rißbildung bei jeder Schleife auf alle Richtungsänderungen Putzbatzen gesetzt und die Schleife im feuchten Mörtelzustand kurzfristig hochgeheizt. So entstanden Bewegungsräume im frischen Putzmaterial, die der zu erwartenden Längendehnung der Einzelschleife entsprechen. 


2.2 Trennwände und Raumstützen 
Erdberührte Außenwände benötigen zur Deckung ihres Wärmebedarfs und zur Feuchtesanierung eine höhere Heizleistung als nicht unterkellerte Trennwände und Basen von Raumstützen. Sie erhalten daher zwei Sockelheizrohre. Bei Trennwänden und Pfeilern etc. muß lediglich der Wärmeabfluß nach unten kompensiert und damit zugleich die thermische Horizontalsperre hergestellt werden. Dazu reicht beidseitig je eine Leitung aus, die Teil eines Kreises mit geringerer Vorlauftemperatur sein kann. Trennwandstücke und Säulen können auch mit einem Umweg des Rücklaufs der nächsten Außenwandschleife umfahren werden. Beide Möglichkeiten kamen zur Anwendung. 


3. Fazit 
Noch im ersten Winter entstanden zu hohe Raumtemperaturen und die Nutzer setzten die zusätzlichen Heizelemente außer Betrieb. Für eine schimmel- und beschwerdefreie Beheizung der Kellerräume reicht also selbst im für gastronomische Zwecke genutzten Untergeschoß des Zwingerstocks die Kupferrohrschleife aus, die an den Wandsockeln nur zur Trockenlegung verlegt worden war. Von vier bis sechs bis Brüstungshöhe montierten Rohrleitungen leisten also die beiden Sockelheizrohre allein die Funktionen Luftentfeuchtung, Raumbeheizung ohne Staubumwälzung, Ausschaltung der Schadsalzaktivität und thermische Trockenlegung der erdberührten Flächen ohne Sanierputz und ohne Wärmedämmung an Wänden und Böden. 

Der Investition von ca. 10.000 € (inkl. Schlitzherstellung) für den Einbau von ca. 900 m Leitungen an den Wandsockeln steht die Summe der Kosten einer Heizkörperheizung in Verbindung mit den angesprochenen flankierenden Maßnahmen gegenüber, die nach konventioneller Planung nötig gewesen wären. Die alternative Konzeption erweist sich als wegweisend für weitere Bauvorhaben bezüglich der Einsparung erheblicher Hauhaltsmittel. 


RANDARTIKEL 
Die Temperierung oder die "Oberflächen - Aktivierungsheizung"physikalisch bedingte Vorgänge - Systemvereinfachungen - Stand der Technik 

Die seit Anfang der 1990er Jahre im Museumswesen praktizierte Anlagentechnik ist im wesentlichen dadurch gekennzeichnet, daß eine am Wandsockel auf Putz oder knapp unter Putz liegende Rohrschleife (Vor- und Rücklauf, Æ 15 bis 22 mm) eine ca. 10 cm hohe erwärmte Zone an der Putzoberfläche schafft, die ihrerseits einen Warmluftauftrieb erzeugt. Diesen Vorgang kann man an sonnenbeschienen Flächen beobachten, noch lange nach dem Ende der Einstrahlung. Es erfolgt also eine Beheizung der Wandfläche ("Flächenheizung"), ohne daß Rohrleitungen in der Fläche angeordnet werden müssen. Dabei nehmen aber nur die ersten 30 cm der Wandoberfläche Temperaturen an, die deutlich über der Raumtemperatur liegen. Ansonsten weicht die Oberflächentemperatur in der Höhe nur um Zehntel Kelvin von der Raumtemperatur ab. Eine Temperaturschichtung über die Raumhöhe ist nicht feststellbar. Wird auf diese Weise der Wärmebedarf aller Außenwände und der Sockel der nicht unterkellerten Trennwände gedeckt (Temperierung der Gebäudehülle), sind die Räume des Gebäudes ausreichend beheizt. Die Raumtemperaturen sind dann auch in der Tiefe der Räume gleich. 

Ähnliche Wirkung haben die Etagenheizungen durch ihre unisolierten, hinter Sockelleisten verlegten Vor- und Rücklaufleitungen, die unabhängig von den Heizkörpern in Dauerbetrieb sind. Nach dem Vorbild der römischen Hypokausten-Wandheizung gibt es seit den 1960er Jahren als erprobte Anlagentechnik die in den Vereinigten Staaten und Skandinavien noch immer stark verbreitete Sockelleistenheizung (wandlanger Kleinkonvektor hinter Blende). 

Genau so leistungsfähig sind Wandschalen mit 2 bis 4 gestrichenen Heizrohren, die in dem 2,5 bis 3 cm starken Hohlraum in Sockel- und Brüstungshöhe auf Putz angeordnet sind. Sie wurden von der Landesstelle für die Anwendung in Leichtbauten (Ständerbauweise) aus der Wandtemperierschale von Assmann entwickelt, die in den 1980er Jahren erfolgreich in Museen eingesetzt worden war. Dank der internen Trennung von Auf- und Abtrieb kamen diese mit 2 Heizrohren aus, deren Auftriebsbildung durch ein 12 cm hohes Blech verbessert wurde. 

Diese Flächenbeheizungen wurden vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege in Zusammenarbeit mit Bauämtern weiterentwickelt. Der häufigste Anwendungsfall der Methode ist je eine Sockelheizrohrschleife mit einer 1,5 cm starken Putzüberdeckung, die in den Geschossen (deren Wände gegen Frost stehen) zusätzlich eine Brüstungsheizrohrschleife in gleicher Verlegung erhält. Bei Aufputzverlegung nimmt der Putzstreifen im Rohrbereich nur geringe Übertemperaturen an. Daher muß die Wärmeabstrahlung der Kupferleitungen erhöht werden. Ein einfacher Anstrich erhöht die Wärmeabstrahlung um das acht bis zehnfache des blanken Materials. 

Neben den zahlreichen Beispielen belegen Diplomarbeiten der Universität und der Fachhochschule in München und anderer wissenschaftlicher Einrichtungen die Wirksamkeit der Anlagentechnik und das gute Raumklima. 


Quelle: Jurahaus-Verein mit freundlicher Genehmigung des Autors, 09.05.2005

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